2016 Herbstsemester

ORTE SCHAFFEN

ist ein Projekt für den Dialog zwischen Wissenschaft, Wirtschaft, Politik, Handwerk, Architektur und anderen Disziplinen. Die Kernidee besteht darin, Räume zu schaffen, die einen unmittelbaren Bezug zu ihren Bewohnern haben. Wir vertreten die Überzeugung, dass der Mensch erst aus dem Überschaubaren heraus fähig und bereit ist, wirksame Motivationen zu entwickeln und schlussendlich Verantwortung für den eigenen Ort und für die Umwelt zu übernehmen. Dabei sind wir uns bewusst, dass dieses Überschaubare nicht für alle Aspekte der menschlichen Existenz in dieser Welt steht. Das Projekt Orte schaffen will an spezifischen Themen forschen, die uns bewegen und die als verantwortlich für die Vernichtung von Differenzen und kultureller Vielfalt betrachtet werden. Die Kooperation zwischen Forschern, Spezialisten aus den verschiedensten Fachgebieten, Lehrern und Studierenden, Planern und Entscheidungsträgern wird gesucht und soll möglichst konkret und praxisorientiert sein.

ist ein Projekt für den Dialog zwischen Wissenschaft, Wirtschaft, Politik, Handwerk, Architektur und anderen Disziplinen. Die Kernidee besteht darin, Räume zu schaffen, die einen unmittelbaren Bezug zu ihren Bewohnern haben. Wir vertreten die Überzeugung, dass der Mensch erst aus dem Überschaubaren heraus fähig und bereit ist, wirksame Motivationen zu entwickeln und schlussendlich Verantwortung für den eigenen Ort und für die Umwelt zu übernehmen. Dabei sind wir uns bewusst, dass dieses Überschaubare nicht für alle Aspekte der menschlichen Existenz in dieser Welt steht. Das Projekt Orte schaffen will an spezifischen Themen forschen, die uns bewegen und die als verantwortlich für die Vernichtung von Differenzen und kultureller Vielfalt betrachtet werden. Die Kooperation zwischen Forschern, Spezialisten aus den verschiedensten Fachgebieten, Lehrern und Studierenden, Planern und Entscheidungsträgern wird gesucht und soll möglichst konkret und praxisorientiert sein.

ORTE SCHAFFEN XV | HS 16

Das Ensemble

Ensembles sind Grundmuster von Ortschaften, in denen Mensch, Objekt und Geschehen nicht unabhängige Entitäten sind, sondern in einer unmittelbaren Wechselbeziehung stehen. Gemeinsam bilden sie einen dichten Wirkzusammenhang, der sich – über seine stummen Wirkungen hinaus – im Prozess der Kultur mit Bedeutungen anreichert. Der Baum im Garten versorgt den Menschen nicht nur mit Nahrung, sondern wird zu einem bedeutungsvollen Gegenüber für ihn.

Solche Bedeutungen und Bedeutungszusammenhänge interessieren uns. Im Dorf Malans in der Bündner Herrschaft stellen wir uns dieses Semester die Frage, ob sich umfassende Ensembles entwerfen lassen – oder allenfalls die Bedingungen, damit diese Beziehungsgeflechte entstehen können.

Im letzten Semester haben wir über architektonische Ideen nachgedacht, die die Singularität des Kontextes nicht nur berücksichtigen, sondern – dadurch, dass die Differenzen zum Ausdruck gebracht werden – seine Eigenheit stärken. Diese Differenzen, die früher von den Bedingungen des Ortes und durch den eingeschränkten Umgang mit ihnen verursacht wurden, gründen heute auf bewusste Entscheidungen. Sie ergeben sich nicht mehr in selbstverständlicher Weise. Da wir wissen, dass diese Differenzen erst durch ein Quantum des Fast-Gleichen einen starken und bleibenden Ausdruck bekommen, kommt dem Gemeinsamen eine tragende Bedeutung zu. Das Gemeinsame vermag die Formen aufeinander auszurichten und tritt damit an die Stelle jener Bedingungen, die ehemals gegeben waren. Das Gemeinsame gibt es nicht – es ist im gesellschaftlichen Dialog immer wieder zu finden. Es zu finden bedeutet, im gemeinsamen Gespräch zur Erkenntnis zu gelangen.

Mit drei Schritten – das Kosmopolitische als Denkart, die Differenz als Arbeitsmethode, die Zuwendung zum Lokalen in der Umsetzung – arbeiten wir an einer möglichen Methodik für die Bildung solcher Orte. Nun gehen wir einen Schritt weiter und fragen im konkreten Ensemble nach Bedeutungszusammenhängen und den sich daraus bildenden Architekturen.

Heute ist unser Leben stark von global agierenden Kräften geprägt. Trotz dieser oder gerade durch diese Einflüsse kann das Ensemble zu einer selbstbestimmenden Einheit werden. Gerade in seiner überschaubaren Grösse werden Handlungen möglich und darüber hinaus unmittelbar sichtbar, spürbar und auch erfahrbar. Wir glauben, dass aus dieser Einheit heraus ein möglicher neuer Grund für die Architektur zu gewinnen wäre. Weder das starre Festhalten an der Autonomie, die andere Bereiche negiert, noch der strenge Ruf nach sozialer und ökologischer Verantwortung, welche die Bedeutung der Architektur relativieren will, erweisen sich als fruchtbare Wege. Diesen Einseitigkeiten gelingt nämlich die Verwirklichung des Zieles einer Architektur als Kultur nicht; die Schaffung des ganzheitlichen Ortes, dessen Charakteristik von den lebendigen Verhältnisse und engen Beziehungen zwischen handelnden Menschen und Artefakten bestimmt wird. Nicht die spezifische und individuelle Haltung, sondern der Ort selber ist das Mass. Diese Haltung versteht sich nicht als Opposition oder Widerstand gegen die beschriebenen Tendenzen und auch nicht als ein Festhalten an der Tradition. Sie folgt vielmehr jenem Weg, den der Japanische Haiku-Dichter Basho eröffnet: «Sucht nicht nach den Spuren der Alten, sondern sucht nach dem, was die Alten suchten». Zuvorderst steht die Entfaltung eines dynamischen und schöpferischen Prozesses in der Gegenwart. Durch die Nähe zu den Dingen bekommen die Realitäten (äussere und innere) eine andere Ausrichtung. Trotz dieser anderen Fundierung der Architektur wird es im konkreten Entwurf weiterhin um das Werk, um das Objekt gehen. Dieses fordert immer auch Entscheidungen, die nur von seiner Seite herkommend getroffen werden können.

Malans im Kanton Graubünden ist ein Dorf mit einem geschichtsträchtigen Kern, mit Baum- und Weingärten, die bis in den Dorfkern reichen. Malans ist aber auch – vor allem in den neuen Quartieren – ein Dorf der Einfamilienhäuser und Eigentumswohnungen. Im Gegensatz zu vielen Dörfern, in denen die Ganzheit von Wohn- und Arbeitsort durch die Auslagerung der Landwirtschaft verschwunden ist, hat sich in Malans jedoch ein grosser Teil der Produktion erhalten. Die Reben wachsen weiterhin im Dorf und werden hier in den Torkeln zu Wein verarbeitet. Diese Entwicklung wurde in den 1980er Jahren durch den Widerstand der Bürger gegen das Profitdenken ermöglicht. Damit zeigt Malans exemplarisch, dass durch den Willen, der nicht dem Zufall verfällt und sich nicht vor den Trends niederkniet, besondere Orte entstehen.

Im kommenden Semester erproben wir ein bestimmtes Vorgehen im Entwurfsprozess. Wir wollen uns verstärkt der Wirklichkeit des Ortes zuwenden und uns viel und intensiv am Ort aufhalten. Schritt für Schritt wollen wir versuchen, uns den Ort anzueignen und sein offensichtliches und verborgenes Wesen zu ergründen, den vorhandenen und den zukünftigen Bedeutungszusammenhängen nachgehen. Sozusagen den Ort handelnd und denkend erfahren – mit Sinn und Verstand. Jeder Schritt des Entwurfes wird am Ort bewertet.

Wir wollen im Anderen das Eigene sehen. Dieser Prozess ist geprägt von einer Urteilsenthaltung; das Denken und Erkennen ist frei von Vorurteilen des Meinens und des Glaubens. Das Notizbuch und andere Werkzeuge des Beobachtens werden uns auf unserem Weg begleiten. Fachleute aus verschiedenen Bereichen werden uns unterstützen.

Wir entwerfen neue Häuser und Zweckbauten für verschiedene Ensembles in Malans.

Arbeitsort: Atelier Gisel, Streulistrasse 74a, 8032 Zürich 
Assistenten: Lorenz Jaisli, Timon Reichle, Franziska Wittmann
Wissenschaftlicher Mitarbeiter: Dr. Josef Perger 
Anzahl Studierende: 16 
Unterrichtssprache: Deutsch 
Arbeitsweise: Einzelarbeit 
Aufgabentyp: Entwurf (LV 051-1101-16, 13KP)
Einführung: Dienstag, 20. September 2016, 10.00 Uhr in Malans.

Download Semester-Programm: PDF