ORTE SCHAFFEN
ist ein Projekt für den Dialog zwischen Wissenschaft, Wirtschaft, Politik, Handwerk, Architektur und anderen Disziplinen. Die Kernidee besteht darin, Räume zu schaffen, die einen unmittelbaren Bezug zu ihren Bewohnern haben. Wir vertreten die Überzeugung, dass der Mensch erst aus dem Überschaubaren heraus fähig und bereit ist, wirksame Motivationen zu entwickeln und schlussendlich Verantwortung für den eigenen Ort und für die Umwelt zu übernehmen. Dabei sind wir uns bewusst, dass dieses Überschaubare nicht für alle Aspekte der menschlichen Existenz in dieser Welt steht. Das Projekt Orte schaffen will an spezifischen Themen forschen, die uns bewegen und die als verantwortlich für die Vernichtung von Differenzen und kultureller Vielfalt betrachtet werden. Die Kooperation zwischen Forschern, Spezialisten aus den verschiedensten Fachgebieten, Lehrern und Studierenden, Planern und Entscheidungsträgern wird gesucht und soll möglichst konkret und praxisorientiert sein.
ORTE SCHAFFEN XI | HS 14
Die Nähe zum Ort –
Mut zum Unzeitgemässen
Der Kontext, das Haus und die Einrichtung vergangener Epochen, die uns immer wieder zu fesseln vermögen, waren die Konzentration von ortsgebundenen Ursachen – von Gegebenheiten, Bedürfnissen, Zwängen und kulturellen Gewohnheiten. Eine Isolation des eigentlichen Ortes vom Menschen, seiner Kultur und seiner natürlichen Umgebung, war früher nicht denkbar. Erst unsere Zeit mit den technischen Errungenschaften und der gewonnenen Freiheit erlaubte dem Menschen, sich von diesem spezifischen Ort zu lösen. Die Folge: Sowohl die Bilder des Hauses, wie die seiner Einrichtung gleichen sich inzwischen weltweit. Die Formen und Ausdrucksmöglichkeiten verengten sich dabei – trotz oder gerade durch die an sich unbegrenzte Vielfalt – auf wenige ästhetische Ansichten und Begriffe. Diese Tatsache lässt sich dadurch erklären, dass die spezifischen oder lokalen Eigenschaften, die in anderen Epochen Gegenstände geprägt haben, nicht mehr relevant sind. Das Haus muss nicht die klimatischen Bedingungen des Ortes berücksichtigen, es wird trotzdem behaglich. Der Ofen wird nicht in Hinblick auf sein Wesen – als ein Ort und Körper der Wärmeerzeugung – entworfen, sondern entlang von Begriffen wie skulptural, bündig, kubisch; und dennoch wärmt er.
Wir können dies akzeptieren, bedauern oder als unausweichliches Schicksal betrachten. Wir können aber auch die Überzeugung vertreten, dass es umfassendere und glaubhaftere Möglichkeiten der Annäherung an die elementaren Bedürfnisse des Menschen gibt. Solche, die zu einem zu entdeckenden Mehr hinführen. Und diese Möglichkeiten wollen wir mit baulichen Mitteln an einem Ort verfestigen und ihnen einen Ausdruck geben. Wir vertreten die Überzeugung, dass in der Nähe zu den Dingen ein Äquivalent zur heutigen Ästhetik zu finden ist: das Schöne verleiht in Verbindung mit anderen Werten – mit der Konzentration auf diesen natürlichen und kulturellen Hintergrund – den Lebenswirklichkeiten Ausdruck. Aus den Eigenschaften des Ortes, seines Materials und dem kulturellen Vermögen der dort lebenden Menschen erhoffen wir uns wertvolle Bilder, die uns auch heute fesseln. Es sind dies Bilder, welche die Tiefe des spezifischen Ortes in sich tragen. Einer bloss verstandesmässigen Vereinnahmung widerstehen sie – wie der Ort selbst. Diesen Rest von Unverfügbarkeit betrachten wir nicht als Mangel. In ihm sehen wir den Kern einer kulturellen Identität, einer Voraussetzung von Beziehung. Das Wesen dieser Beziehungen wollen wir aus den vorgefundenen Realitäten hervorbringen und in der Entwurfsidee verankern.
Zu entwerfen ist ein öffentliches Gebäude samt seiner Einrichtung an ausgewählten Orten. Für den Entwurf werden wir uns Menschen mit ausserordentlichem Vermögen anhören. Menschen, die in Beziehung mit dem Ort leben und uns etwas zu berichten haben.
Wissenschaftlicher Mitarbeiter: Dr. Josef Perger
Arbeitsort: Atelier Gisel, Streulistrasse 74a, 8032 Zürich
Anzahl Studierende: 14
Unterrichtssprache: Deutsch
Arbeitsweise: Einzelarbeit
Aufgabentyp: Entwurf (LV 051-1101-14, 13KP)
Einführung: Dienstag, 16. September 2014, 10.00 im Atelier Gisel
Download Semester-Programm: PDF