2007 Herbstsemester

Topographie

Topographie kann man als die Beschreibung eines Ortes unter Verweis auf seine physikalische Anordnung bezeichnen. Beim architektonischen Entwurf ist sie eine der wichtigsten Grundlagen. Sie zeigt die Eigenschaften des Ortes und kann auch als eine der Konstanten für die Bildung lokaler Baukultur bezeichnet werden. 

Die Frage ist, was in die topographische Beschreibung des Ortes alles mit einfließen kann oder soll. Flurformen können rein physikalisch gesehen werden oder aber als Ergebnis der Auseinandersetzung des Menschen mit der Natur. Die physikalische Beschreibung zielt auf einen starren Zustand. Dieser Zustand kann aber ebenso gut als veränderliches Moment eines Prozesses gesehen werden, in dem natürliche und kulturelle Determinanten wirken. 

Topographische Merkmale gehören zu den Konstanten eines Ortes. Wie alle anderen Konstanten bezeichnen sie jeweils einen veränderlichen Grad von Unveränderlichkeit. 

Fredi Murer, “Höhenfeuer” 1985

In der Neuzeit hat der Mensch im Umgang mit der Topographie und somit bei der Aneignung von Natur vor allem zwei Strategien gewählt: eine ästhetisierende und eine technische. Die ästhetisierende kam ursprünglich aus den Zentren und bestand in einer distanzierten Betrachtung der „vorfindbaren“ Natur. Mit ihr wurde die Natur zur Landschaft. 

Der technischen Strategie wiederum ging es vor allem um die fortschreitende Befreiung von aller Gebundenheit an örtliche Gegebenheiten – sie bestimmten seit der Antike das Wohnen und Arbeiten. Aus der Perspektive von Befreiung und Erleichterung wurde das technisch Mögliche zu einem Wert an sich und man forderte seine unbedingte Verwirklichung. 

Wir meinen, dass beide Verhaltensweisen von einem stark vorgefassten Blick geprägt sind und im Grunde wenig Naturverständnis besitzen. Man kann in beiden eine deutliche Distanz zur Natur erkennen, von der wir meinen, dass sie in einer neuen Ausrichtung der westlichen Kultur verringert werden sollte. 

Wir versuchen im Rahmen der Entwurfsaufgabe diese Distanz zu minimieren, indem wir uns mit unserer ganzen Subjektivität auf den gewählten Ort einlassen. Die besondere Topographie, das Mikroklima, die Böden und ihr Bewuchs, das Schutzbietende und das Ausgesetzte des Ortes sollen unsere volle Aufmerksamkeit haben. 

Im und parallel zum Entwurf sollen vor allem drei Themenschwerpunkte gesetzt werden: 

• Die Kultur des Ortes als Basis für den Entwurf. 

• Das Konstrukt Landschaft, das zunächst etwas Politisches ist und das man gewissermaßen durchdringen muß. 

• Das Bemühen um eine Projektdarstellung, in der die Topographie im Hinblick auf ihre vielfältigen Qualitäten erfahrbar wird. 

Unser Ziel ist es ein Gebäude zu entwerfen, das verwurzelt ist in den Schichten der Natur und der Kultur. 

Wir sind mit Juhani Pallasmaa überzeugt, dass es in diesen Schichten eine Art „schweigenden Wissens“ gibt. 

Vielleicht erschließt uns eine Verlangsamung der Wahrnehmung die Stärken dieses Wissens, das gebunden ist an lokale Beschaffenheiten. 

Wir sind jedenfalls überzeugt, dass man aus ihrer Beachtung formende Kräfte gewinnen kann. Kräfte, die stark genug sind, um zu einer autonomen und repräsentativen Kultur – auch Architektur – zu gelangen. 

Entwurf: Ein Gebäude für besondere kulturelle Anlässe an einer außerordentlichen 

Topographie nahe beim mittelalterlichen Schloss Munt S. Gieri in Waltensburg GR. 

Arbeitsort: Atelier Gisel, Streulistrasse 74a, 8032 Zürich 
Assistent: Thomas Stettler 
Semesterbegleitung: Dr. Josef Perger 
Anzahl Studierende : 10
Aufgabentyp: O/e+i 
Einführung : Dienstag, den 25. September 2007; 10 00 im Atelier Gisel 

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